Europäische Obst- und Gemüseproduktion auf Anschlag?

02.03.2023 Ein AMA- Statusbericht

Österreich war 2021/22 mit Obst zu 41 % und mit Gemüse zu 57 % selbstversorgend. Naturgemäß schwankt die Verfügbarkeit von heimischen Erzeugnissen je nach Saison stark. Im Besonderen in den kalten Monaten steigt der Anteil an Importware exorbitant.
In den letzten Tagen machten Bilder von leeren Obst- und Gemüseregalen in Großbritannien medial die Runde und mit Ihnen die Frage „Sind wir in Österreich die Nächsten?“ Ein AMA- Statusbericht.

Der Rückblick 

Spanien ist für den europäischen Markt Hauptlieferant von Obst und Gemüse. Im Besonderen in der vor- und nachgelagerten Saison. In den letzten Wochen gab es in Süd-Westeuropa also auch in den spanischen Hauptanbaugebieten für Frucht- und Blattgemüse (Almeria, Murcia, Alicante) nach einer warmen, wüchsigen Phase einen ausgedehnten Kaltlufteinbruch, welcher die physiologische Entwicklung der Kulturen schädigte bzw. verzögerte. Betroffen in erster Linie Salate, Tomaten, Paprika, Zucchini, Melanzani, etc.

Aus dieser Entwicklung heraus, aber auch weil Produktionsflächen zurückgenommen wurden, gab es in den letzten 3-4 Wochen zumindest 20-30 % weniger an besagter Ware am Markt. Vor allem bei Paprika und Eisbergsalat sind die Mengen frappant zurückgegangen. Eine Angebotslücke folgte. Produzentenpreise gingen durch die Decke. Anliefermengen wurden gekürzt. Europaweit sind die Temperaturen für den Obst- und Gemüsebau derzeit suboptimal. Es ist tendenziell zu kalt und die Verfügbarkeit von Frischware leidet.
In Österreich wurden in den letzten Wochen spanische Erzeugnisse durch andere Ursprünge teilweise substituiert. Die Preise der freien Ware dürften horrend gewesen sein. Zukäufe konnten nicht 1:1 an die Kunden weitergegeben werden. Die finanzielle Belastung der Vermarkter auch durch Energie- und Logistikpreise wächst.

Der Ausblick

Entspannung auf den europäischen Markt kündigt sich an. Selbst die Holländer dürften nach der Winterstarre wieder aktiver ausführen. Erzeugerpreise stabilisieren sich wie z.B. bei Paprika und Gurken. Europaweit ist mehr Menge verfügbar.
Auch am österreichischen Markt kündigt sich Entspannung an. Die heimische Saison wird je nach Wetterlage 1-2 Wochen verspätet, etwa Anfang April, mit nennenswerten Mengen aus geschützten Anbau in den Markt eintreten.
Verbraucherpreise für Obst- und Gemüse werden hoch bleiben, dennoch ist davon auszugehen, dass die Schmerzgrenze vor allem beim Konsumenten erreicht ist. Eine Sättigung der Preise dürfte eingetreten sein.

Die Versorgungssicherheit

Die heimische Versorgung mit frischen Obst und Gemüse war und ist in Österreich zu keiner Zeit gefährdet. Vermarkter und Einzelhändler haben rechtzeitig auf aufkommende Engpässe reagiert, auch wenn dies mit erheblichen Mehrkosten verbunden war. Es gibt keinen Überfluss, der Markt bleibt vorerst moderat angespannt, aber die Versorgung mit frischen Obst und Gemüse ist weiterhin klar gewährleistet.

Die leeren Regale in Großbritannien sind nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die betroffenen Ketten das hohe europäische Preisniveau nicht mitgehen wollten oder konnten. Mangelnde staatliche Unterstützung der Eigenproduktion in der Energiekrise und erschwerte Einfuhrmodalitäten durch Brexit haben die hiesige Versorgung mit Obst und Gemüse weiter gedrosselt.  
Viele europäische Produzenten vermarkten kostenbedingt bevorzugt am Binnenmarkt. Durch den äußerst geringen Selbstversorgungsgrad der Briten mit Obst (18%) und Gemüse (55 %) bahnte sich eine toxische Entwicklung an, welche schlussendlich zu den leeren Regalen in den Supermärkten geführt hat.
Hierzulande wird es, auf absehbare Zeit, keine britischen Zustände geben.

Haben wir als Gesellschaft aber auch als Konsumenten beim täglichen Einkauf ein wachsames Auge auf unsere heimischen Obst- und Gemüseproduzenten und stärken wir sie. Es muss es uns wert sein.    

02.03.2023, Renhardt Bsc. 

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