Getreideernte 2022: Österreich erntet mehr Weizen

05.08.2022 Weltweiter Verbrauch über Produktion

„Die heurige Getreideproduktion (ohne Mais) wird auf rund 2,9 Mio. t geschätzt und liegt durch Flächenausweitungen und höherer Hektarerträge über dem Vorjahresniveau. Die prognostizierte Gesamtproduktion (mit Mais) wird auch heuer 5 Mio. t überschreiten. Somit ist Österreich weiterhin gut mit dem bedeutenden Grundnahrungsmittel Getreide versorgt“, informiert DI Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzen-der der Agrarmarkt Austria (AMA).

Flächen für Brotgetreide ausgedehnt

Weichweizen – die bedeutendste Kultur auf den Äckern Österreichs – wurde heuer kräftig ausgedehnt (+6.965 ha). Gute, trockene Aussaatbedingungen im Herbst 2021 und auch bereits im Herbst 2021 gestiegene Preise führten zur Flächenausdehnung nach einem witterungsbedingten Rückgang 2021 (nasser Herbst 2020). Die diesjährige Roggenfläche umfasst – nach einer geringen Zunahme (+1.565 ha) – 34.334 ha. Hartweizen legte als bedeutendstes Getreide für die Herstellung von Teigwaren kräftig zu (+19%; +3.701 ha). 

Günter Griesmayr: „Sämtliche Getreidearten, die vorwiegend in der Lebensmittelerzeugung benötigt werden, wurden vermehrt angebaut und es konnten größere Erntemengen im Vergleich zum Vorjahr eingefahren werden“.

Getreide – Herbstanbau ersetzt zunehmend Frühjahrsanbau

Der Anbau von Wintergetreide wird seit Jahren zu Lasten geringerer Sommergetreideflächen ausgeweitet. Hauptgründe hierfür sind die bessere Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit mit der deutlich längeren Vegetationszeit vom Herbst bis zum nächsten Sommer und die Umgehung der Sommerhitze. Daher verlor die einst bedeuten-de Sommergerste (vornehmlich als Braugerste verwendet) erneut kräftig (-19,9%, -6.368 ha) und liegt um zwei Drittel (-64,8%) unter der Anbaufläche von vor 10 Jahren. Auch der nahezu ausschließlich als Sommerung angebaute Hafer verlor (-16,7%, -4.071 ha) zu 2021. Neben dem - vornehmlich als Winterung angebauten - Weichweizen (+2,9%; +6.965 ha), legte auch Wintergerste als besonders klimafittes Getreide zu (+6%; +5.474 ha).

Sojabohnenfläche auf Rekordniveau

Die Landwirte reagierten 2022 unter anderem auf die stark gestiegenen Düngemittelpreise und weiterhin hohen Sojapreise mit dem vermehrten Anbau von Sojabohnen. Diese kann durch Symbiose mit Knöllchenbakterien den Stickstoff aus der Luft nutzen und benötigt keinen (Stickstoff) Dünger. Die Sojabohnenfläche wurde zum Vorjahr um 22,7% (+17.176 ha) und in den letzten zehn Jahren um 151,6% ausgedehnt. Das aktuelle Flächenausmaß dieser Hülsenfrucht liegt auf einem neuen Rekordniveau in Österreich und nimmt unter den Sojaflächen aller 27 EU-Staaten Platz Fünf ein. 

Maisfläche nur geringfügig geändert

Körnermais, welcher in den vergangenen Jahren wegen hohen Erträgen vermehrt ausgesät wurde, kann sein großes Flächenausmaß zum Vorjahr nahezu halten (-1,3%; -2.675ha). Die Ölsonnenblumenfläche legt trotz erhöhter Preise und gestiegener Nachfrage durch den Ukrainekrieg insgesamt nicht zu, sondern verliert geringfügig (-451 ha) zum Vorjahr. Die Anbaufläche von Zuckerrüben wurde durch kühle Aussaatbedingungen und Schädlingsprobleme im Vergleich zum Vorjahr reduziert (-10,2%; -3.867 ha), liegt jedoch über dem Niveau der Jahre 2018-2020. 

Bio-Ackeranteil stabil hoch

Der hohe Bio-Anteil an der Ackerfläche mit 20,4% konnte durch eine Bio-Ackerflächenzunahme um 2.591 ha (+1%) ausgebaut werden. Innerhalb der Bio-Ackerflächen wurden nachfragebedingt Dinkel, Weichweizen, Roggen, Hartweizen und Sojabohnen ausgedehnt, während Sonnenblumen weniger ausgesät wurden. Den größten absoluten Zuwachs verzeichnet Bio-Dinkel (+45,5%; +5.803 ha). 

Regenfälle im Juni retten Getreideernte

Das Ackerbaujahr begann mit einem trockenen Herbst, wodurch die Aussaat (von vornehmlich im Herbst ausgesätem Weichweizen) problemlos erfolgte. Andererseits fehlte es durch den trockenen Herbst und Winter an der für den Wachstumsstart benötigten Winterfeuchtigkeit. In Folge dessen erfolgte nur eine geringe Bestockung im Frühjahr (Bildung von Seitentrieben), weshalb heuer weniger Ähren pro Quadratmeter als grundlegende Basis für die Ertragsbildung zur Verfügung standen. Der warme Monat Mai führte zu einer raschen Entwicklung, wodurch der Vegetationsrückstand aufgeholt wurde (Monatstempertaturmittel 2022: 18°C; 2021: 14°C). Die im Mai normal bis ausreichend vorhandenen Niederschlagsmengen führten zur Ausbildung vieler Körner pro Ähre (Anlage während der Schossphase; 2022: 60 mm Niederschlag; 2021: 76 mm Niederschlag).

Die geringe Anzahl an Hitzetagen im Juni wirkte sich in Kombination mit den vierfachen Niederschlagsmengen des Vorjahres positiv auf die Kornfüllung aus, weshalb heuer außerordentlich hohe Hektolitergewichte von Weichweizen sowie gute Korngrößensortierungen der Braugerste geerntet wurden (Tage >30°C 2022: 5, 2021 8: Niederschlagsmenge Juni 2022: 58mm, Juni 2021: 13mm). Die Hitze und Trockenheit im Juli unterstützte eine zügige Ernte ohne große Unterbrechungen. Hagel und andere Unwetterereignisse spielten beim Getreide in diesem Jahr nur lokal eine Rolle.

Hitzewelle und Trockenheit setzen Herbsternte teilweise extrem zu

Für die Kulturen der Herbsternte (Mais, Sojabohne, Sonnenblumen, Zuckerrüben) begann das Jahr 2022 mit einer langsamen Jugendentwicklung durch niedrige Temperaturen im April bis Anfang Mai. Im Laufe der Monate Mai und Juni konnte der Vegetationsrückstand aufgeholt werden. Die Maisbestände wurden in der kritischen Phase der Maisblüte im Juli in weiten Teilen des Maisanbaugebietes von einer Hitzewelle gepaart mit Trockenheit geschädigt, so dass teilweise die Befruchtung beeinträchtigt wurde. Daher ist bereits bis dato in weiten Teilen des östlichen Ackerbaugebietes mit einer mäßigen Maisernte zu rechnen. Auch die Bestände mit Sojabohnen, Sonnenblumen und Zuckerrüben werden von den Hitze- und Trockenphasen bisher unterschiedlich stark in Mitleidenschaft gezogen. 

Markt kann mit Brotgetreide bedient werden

Von der Gesamterntesumme von 2,9 Mio. t entfallen 1,8 Mio. t auf Weizen und Roggen. Der Außenhandel im laufenden Wirtschaftsjahr 2022/2023 wird inklusive Mais auf ein Exportvolumen von 1,8 Mio. t geschätzt, die Importe auf 3 Mio. t. 

„Vor allem die Lieferungen von hochwertigem Premium- und Qualitätsweizen nach Italien bilden die Basis für eine hohe Wertschöpfung im Export. Die Importe Österreichs stammen aus der Überschussregion der Länder Tschechien, Slowakei und Ungarn, während Österreich traditionell die hohen Weizenqualitäten nach Italien absetzt“, informiert DI Ernst Karpfinger, Vorsitzender des Fachbeirates Getreide der AMA. 

Bio-Verarbeitung

Der Bio-Anteil an der Gesamtgetreideproduktion beträgt heuer 9,3%, der Bio-Anteil an der Verarbeitung 7% und der Bio-Anteil an den Lagerbeständen 13,3%. Die Lagerbestände für Biogetreide sind geringer als im Vorjahr. Der Bio-Anteil an der Gesamtgetreidevermahlung beträgt aktuell (2021/2022) 12,5%, während im Vorjahr 11,5% der Mehlproduktion auf Basis von Bio-Getreide durchgeführt wurde. In der heimischen Mischfutterproduktion konnte der hohe Bio-Anteil von 11,4% aus dem Vorjahr gehalten werden. In der industriellen Verarbeitung (Stärke, Zitronensäure) werden 3,7% Bio-Getreide eingesetzt (2021: 3,9%).

Ernteergebnisse der Hauptkulturen

Die Erntemenge von Weichweizen – die Kultur mit dem höchsten Flächenanteil in Österreich – wird rund 1,5 Mio. t betragen und liegt somit um 7% über dem Fünfjahresdurchschnitt und sogar um 8% über dem schwachen Vorjahresergebnis. Dies wurde durch eine Ausdehnung der Anbaufläche (+3%) in Kombination mit höheren Hektarerträgen (+5,2%) im Vergleich zum Vorjahr erreicht. Der Hektarertrag von 5,7 t/ha ist als leicht überdurchschnittlich (+3,6%) einzustufen. 90% der heimischen Weizenernte ist mahlfähig und kann somit den Bedarf des ansässigen Mühlensektors komfortabel decken. 

Die österreichische Weizenernte weist 2022 hervorragende Qualitäten insbesondere hinsichtlich Hektolitergewichte (Mehlausbeute) als auch ideale Knet- und Backeigenschaften auf. Die heurige Qualitätsverteilung von Weizen ist ausgeglichener als in den Vorjahren (weniger Qualitäts- und Premiumweizen, mehr Mahlweizen) und kann somit alle Verarbeitungssektoren im Inland sowie im Export ins-besondere nach Italien bestens bedienen. Der traditionelle hohe Anteil an Qualitäts- und Premiumweizen wird heuer mit ca. 50% unter dem Vorjahr (55%) liegen.

Besonders große Produktionszuwächse von + 31% weist heuer Hartweizen mit einer Erntemenge von 110.000 t auf. Grund für die höhere Ernte sind die Flächenausdehnung um ein Fünftel (+ 19%) und überraschend gute Hektarerträge von 4,8 t/ha (+9,1% zu 2021; +8,1% zum Mittel). Überdies sind 2022 die Qualitätseigenschaften für die Teigwarenherstellung wieder hervorragend.

Roggen – nach Weizen das zweitwichtigste Brotgetreide in Österreich – wird heuer um 9,7% mehr als im schwachen Vorjahr geerntet. Die Hektarerträge sind vor allem im Hauptanbaugebiet Waldviertel um 6,4% über 2021 und sogar um 10,6% über dem Mittel. Da die Anbaufläche ausgehend vom 10-Jahrestief des Vorjahres nur geringfügig (+5%) ausgedehnt wurde, ist die Erntemenge von 170.000 t Roggen weiterhin als unterdurchschnittlich (-4,0%) einzustufen.

Die gesamte Gerstenproduktionsmenge wird auf 695.000 t geschätzt, wodurch das gute Vorjahresergebnis um -4,3% und der Mittelwert um -11,2% unterschritten wird. Die Zunahme der klimafitten Wintergerste konnte den Rückgang der Sommergerste nicht ganz kompensieren, die Gesamtgerstenfläche sinkt um -0,7% zum Vorjahr. Die Hektarerträge fielen bei der Sommergerste mit 3,8 t/ha deutlich (-13,6%) unter 2021 und sind als unterdurchschnittlich (-9,5%) einzustufen. Wintergerste ist auch heuer mit 6,2 t/ha das, im Sommer geerntete Getreide, mit dem höchsten Ertrag. Jedoch konnte sie von den Regenfällen im Mai/Juni weniger als die anderen Wintergetreidearten profitieren, da Wintergerste die rascheste Entwicklung aller Wintergetreide-arten aufweist. Der Hektarertrag von Wintergerste liegt um -3,1% unter 2021 und um -4,3% unter dem Mittel. Die kühle und regenreiche Kornfüllungsphase führt zu einer hervorragenden Braugerstenqualität (v.a. in der Korngrößensortierung), wodurch der österreichische Brauerei- und Malzsektor im Jahr 2022 mit ausreichend braufähiger Ware bedient werden kann.

Die geerntete Rapsmenge von 90.000 t liegt geringfügig (+3,9%) über dem schwachen Vorjahr, ist aber dennoch als deutlich unterdurchschnittlich (-14,8%) einzustufen. Schädlingsbefall und Trockenheit wirkten sich negativ auf diese bedeutende Ölsaat aus.

Die Produktion von Körnererbsen bleibt trotz geringer Flächenzuwächse (+6%) auf dem Niveau von 2021 (+0,6%). Der Ertrag von Körnererbsen verringert sich zum Vorjahr (-4,3%).

Österreichische Getreidepreise steigen 

Die Vermarktungssaison der Ernte 2022 startet auf einem höheren Niveau als vor einem Jahr. Qualitätsweizen wird an der Wiener Produktenbörse (KW 31) um 61 % höher bewertet, Mahlweizen verteuerte sich um 59%. Hartweizen ist aktuell um 14% teurer als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr. Futtergerste ist mit einem Anstieg von +62% zwar teurer, aber durch Erntedruck um -22% unter dem Niveau der alten Ernte im März 2022. 

Ernst Karpfinger: „Auch in Österreich sind neben dem Preisanstieg von Getreide auch die Betriebsmittel aufgrund der internationalen Entwicklungen deutlich gestiegen“. 

Düngemittelpreise verdreifacht

Die Stickstoffdüngemittelpreise (Kalkammonsalpeter+262%, Harnstoff +195%) liegen aktuell auf dem verdreifachten Niveau zum Vorjahreszeitpunkt. Der Anstieg erfolgte teilweise bereits im Herbst/Winter 2021 durch die schon damals massiv gestiegenen Gaspreise und wurde durch den Ukrainekrieg verstärkt. Einerseits verteuerte der Anstieg der Gaspreise die Herstellung von Stickstoffdüngemitteln, andererseits stiegen die Preise für phosphor- und kaliumhältige Düngemittel, welche im großen Ausmaß in der Ukraine, Russland und Weißrussland hergestellt werden.

Die Rolle der Ukraine am Getreidemarkt

Der Anteil der von der Ukraine produzierten Menge an Getreide, gemessen an der weltweiten Produktion betrug im Jahr 2021 rund 3,8% Prozent. Die Ukraine produzierte aber vor dem Krieg verhältnismäßig viel Weizen und Mais für die internationalen Märkte. Damit war sie im internationalen Vergleich das fünftgrößte Exportland für Weizen und der viertgrößte Exporteur von Mais. 

Russland, der weltweit größte Exporteur von Weizen, war vor dem Krieg für fast 20% der weltweiten Exporte verantwortlich. Russland und die Ukraine produzierten zusammen mehr als ein Viertel des weltweit für den Export bestimmten Weizens. Weniger als 1% der gesamten österreichischen Getreideimporte stammen aus der Ukraine, weshalb von keiner direkten Bedeutung der Ukraine hinsichtlich Mengen-ströme für Österreich gesprochen werden kann.

Für 2022/2023 nehmen die Exporte und die Produktion der Ukraine ab:

Der Anteil der von der Ukraine produzierten Menge an Getreide, gemessen an der weltweiten Produktion beträgt 2022/2023 voraussichtlich rund 2,3% Prozent. Die Weizenexporte der Ukraine halbieren sich nahezu, dadurch fällt sie auf Platz sieben der Weizenexportländer. Die Maisexporte werden um zwei Drittel geringer prognostiziert, dennoch bleibt sie viertgrößter Exporteur von Mais. 

Günter Griesmayr: „Die Preise für Nahrungsmittel auf den internationalen Märkten sind bereits in den beiden Jahren vor dem Krieg deutlich angestiegen. Die Ursachen sind unter anderem Verwerfungen und Unterbrechungen globaler Lieferketten durch die Corona-Pandemie, Ernteausfälle durch Extremwetterereignisse aber auch steigende Energiekosten. Zusätzlich reagieren aktuell die internationalen Preisnotierungen sehr sensibel auf tägliche Meldungen aus der Kriegsregion“. 

Im Jänner 2022 lagen die Preise für Weizen bereits um etwa 50 Prozent höher als noch zwei Jahre zuvor. Nach dem Beginn der russischen Invasion stiegen die Preise erneut um rund 50% an, dies bedeutet eine Verdoppelung des Weizenpreises innerhalb von zwei Jahren. Die Hauptabnehmerländer für ukrainischen Weizen liegen in Nordafrika, im Nahen und Mittleren Osten sowie in Ostafrika. 2022/2023 wird der Weizenexport aus der Ukraine kriegsbedingt auf lediglich 5% geschätzt. Analysten gehen davon aus, dass zusätzliche Exporte aus anderen Regionen, wie der EU-27, USA oder Australien die geringeren Lieferungen aus der Ukraine aus-gleichen könnten.

Die weltweite Weizenernte von 771,6 Mio. t wird lediglich zu 28,7% auf dem Welt-markt gehandelt. Die Exporte werden zu über 80% von Russland, EU, Kanada, Australien, USA, Argentinien und der Ukraine getätigt. Die größten Importeure sind Indonesien, Ägypten, Türkei, China und Algerien. Der größte Weizenproduzent weltweit ist mittlerweile China, welcher jedoch die gesamte Ernte im Inland behält und nicht exportiert. 

Getreidemarkt EU-27 

EU-Weizenernte sinkt - EU-Weizenexporte legen zu

„Für das heurige Jahr erwartet die Europäische Kommission mit ca. 123,9 Mio. t eine deutlich geringere Weizenernte als im Vorjahr (-4,8%). Obwohl die Anbaufläche geringfügig ausgedehnt wurde (+0,5%), ließ die Trockenheit die Hektarerträge in den wesentlichen Produktionsländern schrumpfen. Der teilweise Ausfall der Ukraine am Weltmarkt führt zu einem Viertel (+24,1%) mehr EU-Weizenexporte“, informiert Christian Gessl, zuständiger Abteilungsleiter der AMA.
Neben der gesunkenen Weizenernte, werden EU-weit auch weniger Gerste (-1,0%), weniger Roggen (-3,8%) und weniger Mais (-9,5%) geerntet.

Auf insgesamt 52,1 Mio. ha wurde heuer Getreide angebaut, wobei Hartweizen (-4,3%) und Mais (-1,1%) Flächenrücknahmen verzeichneten, während mehr Weichweizen (+0,5 %) und Gerste (+3,9%) ausgesät wurden. Innerhalb Europas verzeichnen alle bedeutenden Produktionsländer mit Ausnahme Deutschlands Ernterückgänge - Frankreich (-9,1%), Rumänien (-14,0%), Spanien (-17,0%), Italien (-11,3%) und Ungarn (-4,5%). Die deutsche Getreideerntemenge wird voraussichtlich das Ausmaß des Vorjahres erreichen. 

EU-Versorgungslage - höhere Exporte, schrumpfende Lagerbestände 

Trotz der niedriger (-5,2%) prognostizierten Getreideernte in Höhe von 278,5 Mio. t erwartet die EU-Kommission durch den teilweisen Ausfall der Ukraine am Weltmarkt steigende Exporte von 52,4 Mio. t (+11,7%). Der gesamte Getreideverbrauch sinkt (-0,9%) geringfügig, da weniger Getreide verfüttert (-1,3%) und industriell verarbeitet (-1,3%) werden. Die Vermahlung ist auch EU-weit nach der Corona bedingten Nachfrageflaute im Plus (+0,7%). Die europäischen Lagerendbeständen 2022/2023 sinken um ein Fünftel (-19,8%) auf 39,6 Mio.t. Die EU-27 bleibt trotz Lagerendbestandsabbau eine Überschussregion für Getreide. 

EU-Ölsaatenproduktion mit leichten Zuwächsen

Die europäische Rapsernte von 18 Mio. t steigt geringfügig (+5,9% zum Vorjahr). Die erwartete Erntemenge von Sonnenblumen liegt mit 10,5 Mio. t um +1,9% über 2021. Die Prognose für die Sojabohnenernte beläuft sich auf +3,7%, jedoch beträgt der Anteil der Sojaernte von 2,8 Mio. t an der gesamten EU-Ölsaatenernte lediglich 8,9%. Insgesamt wird die EU-Ölsaatenerntemenge auf 31,3 Mio. t geschätzt und liegt somit geringfügig über dem Durchschnitt der letzten Jahre. 

Getreidemarkt weltweit 

Weltweite Getreidelager schrumpfen weiter 

„Laut den aktuellsten Prognosen des internationalen Getreiderates (IGC) kann die weltweite Getreideproduktion 2,252 Mrd. t den Verbrauch von 2,277 Mrd. t nicht decken, wodurch die Lagervorräte am Ende der Vermarktungssaison auf das geringste Niveau seit 2014 sinken“, berichtet Gessl. Sowohl bei Weizen als auch bei Mais liegt die Produktion unter dem erwarteten Verbrauch. Daher schrumpfen die Endbestände von Weizen (-3,5%) und Mais (-4,9%) gegenüber dem Vorjahr auf das geringste Ausmaß seit Jahren.

Die Weizenernte verzeichnet Zuwächse in Russland (+13,6%), USA (+7,1%) und Kanada (+49,7%), während die EU-27 (-4,3%), die Ukraine (-41,2%) und Australien (-15,8 %) Rückgänge verzeichnen. Verantwortlich für den Maisproduktionsrückgang sind kleinere Ernten in den USA (-4%) und der Ukraine (-40,4%). Höhere Maisernten werden in Brasilien (+6,5%) und Argentinien (+6,4%) erwartet. 

Getreideverbrauch deutlich über Produktion

Mit geschätzten 2,277 Mrd. t liegt der Getreideverbrauch geringfügig unter dem Vorjahr (-0,5%) und übersteigt um 25 Mio. t das weltweite Angebot. Verbrauchsrückgänge gibt es in der Fütterung (-1,5%), während mehr in der menschlichen Ernährung (+0,7%) und der Industrie (+0,3%) verwendet werden. 

Die weltweite Versorgungslage ist mit Lagerendbeständen in Höhe von 25,6% („stock-to-use“-Wert: Weizen 34,9 %, Mais 22,5%) des weltweiten Verbrauchs mittelmäßig und liegt somit unter dem Niveau der letzten Jahre. Allein bei Weizen liegen aktuell mehr als die Hälfte der weltweiten Vorräte in China und stehen somit am Weltmarkt nicht zur Verfügung. 

Neuer Produktionsrekord für Sojabohnen und Raps

Die globale Ölsaatenproduktion erreicht laut USDA im heurigen Jahr mit 643,1 Mio. t ein neues Rekordniveau mit massiven Steigerungen zum Vorjahr (+7,1%). Sojabohnen (391,4 Mio. t) und Raps (80,2 Mio. t) liegen auf einem neuen Rekordniveau. Die Sojabohnenproduktion wird in den USA, in Brasilien und in Argentinien ausgeweitet. Diese drei Länder umfassen ca. 80,0% der weltweiten Sojaproduktion. Die weltweite Rapsernte erreicht ein Niveau in Höhe von 80,2 Mio. t (+11,2%). Die-ser Produktionszuwachs ist auf die deutliche Ertragssteigerung gegenüber dem Vorjahr in Kanada zurückzuführen (+42,9%).

Die Sonnenblumenernte (-12,2%) schrumpft nicht zuletzt aufgrund des Produktionsausfalls in der Ukraine (-41,7%) sowie wegen Ertragsminderungen in anderen wichtigen Anbauregionen (u.a. Russland -4,2%). Dem gegenüber kann in der EU-27 ein positives Ergebnis erzielt werden (+1,9%).

Weltweiter Handel – USA und China dominieren weiterhin den Markt

Beim weltweiten Getreidehandel bleiben die USA weltweit führendes Exportland, 2022/2023 werden rd. 430 Mio. t Getreide gehandelt, davon deckt die USA ein Fünftel der Gesamtausfuhren ab. Importseitig beeinflusst China als weltweit größter Verbraucher weiterhin den inter-nationalen Handel. Der Anteil Chinas an der weltweit gehandelten Ware beläuft sich bei Getreide auf 11%, bei Ölsaaten auf 52%. Unabhängig von der Ukraine-Krise dominieren die EU-27 sowie Russland den Weizenexportmarkt, mit einem Marktanteil von jeweils 20%.

Preisnotierungen deutlich gestiegen

Der Durchschnittskurs der Euronext in Paris von 2016-2020 betrug 177,50 EUR/t. Im Jahr 2021 stieg dieser auf durchschnittlich 239 EUR/t unter anderem durch Spätfolgen von Corona auf die Lieferketten und kleinere Ernten. Dieses Niveau wurde nun durch den Krieg weiter angehoben. Die Weizenkurse an der Euronext in Paris lie-gen aktuell (Schlusskurs 03.08.2022) mit 339 EUR/t deutlich (+51%) über dem Vor-jahreszeitpunkt. Dennoch verlor der Weizenkurs vom Preishöhepunkt seit Kriegsausbruch (438 EUR/t KW20/2022) -23%, da die bessere US-Weizenernte sowie der Exportkorridor für ukrainisches Getreide über das Schwarze Meer preisdrückend wirkten. Die Maiskurse liegen aktuell in Paris mit 340 EUR/t über dem Vorjahresniveau (+62 %). Der Maiskurs in Paris 2016-2020 betrug 167,30 EUR/t, 2021 lag er bei 232,20 EUR/t. Der aktuelle Kurs liegt nur um -9% unter dem Preishöhepunkt seit Kriegsausbruch (373,50 EUR/t KW20/2022).

Für weitere Informationen steht Ihnen gerne zur Verfügung:

Fachliche Informationen
Christian Gessl
Abteilungsleiter „Marktordnungen, Marktinformation“
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