Wintertagung 2017: Fachtag Schweinehaltung

21.02.2017 Der Fachtag Schweinehaltung in Wels widmete sich den Rahmenbedingungen der Tierhaltung und versuchte Antworten auf die steigenden Anforderungen an die Landwirtschaft zu finden

Der Präsident des Österreichischen Bauernbundes, Jakob Auer, begrüßte die zahlreich erschienenen Teilnehmer im Tagungszentrum der Messe Wels. Er beleuchtete gesellschaftliche Entwicklungen, die Veränderungen beim Tier- und Umweltschutz, bei den Essgewohnheiten sowie im Baurecht auslösen. Die Exportagentur sowie die Tierhalte- und Schweinegesundheitsverordung sind Maßnahmen, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten sollen. Da die Landwirtschaft zahlreiche Arbeitsplätze schafft, ist das für den Wirtschaftsstandort Österreich wichtig.
 
Exportabhängigkeit Deutschlands
 
Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen referierte über den europäischen Schweinemarkt. Dabei widmete er sich insbesondere der Entwicklung in Deutschland. In den letzten 15 Jahren wurde die Produktion massiv ausgeweitet. Gleichzeitig nahm der Inlandsverbrauch ab. Aktuell liegt der Selbstversorgungsgrad daher über 120 %. Durch die Exportabhängigkeit schlagen die starken Preisschwankungen auf dem internationalen Schweinemarkt in Deutschland voll durch. Da die Schlachtbranche von wenigen großen Unternehmen beherrscht wird, haben sie starken Einfluss auf die Preisbildung. Zudem sehen sich die Mäster mit neuen Auflagen im Bereich Tierwohl konfrontiert. Die Sauenhaltung ist rückläufig und die Ferkelimporte sind deshalb stark angestiegen. EU-weit einheitliche Rahmenbedingungen wären wünschenswert, allerdings ist Tierschutz in der Nutztierhaltung in vielen Ländern noch kein wichtiges Thema. Für 2017 erwartet Hortmann-Scholten eine positive Entwicklung des europäischen Schweinemarktes. Angesichts der laut Prognosen relativ niedrigen Produktion sollten die Preise in den nächsten Monaten über dem Vorjahresniveau liegen.
 
Große Herausforderungen für heimische Tierhalter

In Vertretung von Frau BM Dr. Sabine Oberhauser beleuchtete Dr. Ulrich Herzog vom Gesundheitsministerium die Anforderungen an die Tierhaltung. Aufgrund mangelnder Erfahrung ist das Risikobewusstsein hinsichtlich Tierseuchen gering. In den letzten Jahren sind Seuchen ausgebrochen, die in Europa bisher unbekannt oder ausgerottet waren. Bei der Ausbreitung spielten Wildtiere immer wieder eine wichtige Rolle. Die Standards in den Bereichen Umwelt, Tiergesundheit und Tierschutz sind in Österreich hoch. Gesetze und Verordnungen können aber nur Mindestnormen darstellen. Darauf aufbauende Qualitätsmaßnahmen und die Eigenverantwortung des Tierhalters gewinnen an Bedeutung. Unter Einbindung breiter Teile der Gesellschaft und NGOs soll eine gemeinsame Vision für die zukünftige Ausrichtung der österreichischen Nutztierproduktion entwickelt werden.

Tierwohl im AMA-Gütesiegel

Am Nachmittag stand das immer wichtiger werdende Thema Tierwohl im Mittelpunkt. DI Martin Greßl, Leiter des Qualitätsmanagements der Agrarmarkt Austria Marketing GmbH, erklärte, dass Tierwohl bereits in den Basis-Anforderungen zur Erlangung des AMA-Gütesiegels verankert ist. Zusätzlich gibt es ein freiwilliges Modul „Mehr Tierwohl“. Dies soll einerseits durch ca. 60 % mehr Platz im Stall oder Auslauf erreicht werden, andererseits fördern eingestreute Liegeflächen und Beschäftigungsmaterial natürliche Verhaltensweisen der Tiere. Dafür gibt es eine zusätzliche Prämie. Die Kriterien sind mit der ÖPUL-Maßnahme „Tierschutz Stallhaltung“ und der Investitionsförderung für die Schaffung besonders tierfreundlicher baulicher Voraussetzungen abgestimmt.

Gelungenes Projekt „Pro-SAU“

Das Projekt „Pro-SAU“ soll eine praxisnahe Entwicklung von neuen Abferkelbuchten ermöglichen. Spätestens ab 2033 dürfen Sauen im Abferkelbereich nur mehr bis zum Ende der kritischen Lebensphase der Ferkel fixiert werden. Zudem müssen die Buchten größer als bisher sein. Am Projekt beteiligt sind das Gesundheits- und das Landwirtschaftsministerium, die Landwirtschaftskammern, der Verband Österreichischer Schweinebauern, die Veterinärmedizinische Universität Wien, die BOKU Wien und die AGES. Zudem arbeiten heimische Stallbaufirmen mit. Unter wissenschaftlicher Begleitung werden bestehende Systeme weiterentwickelt und an drei Standorten getestet. Zusätzlich sind die Buchten bereits in neun Praxisbetrieben im Einsatz. Derzeit läuft die Evaluierungsphase, die mit dem Endbericht Mitte 2017 abgeschlossen werden soll. Die entwickelten Abferkelbuchten sind praxistauglich, verursachen aber höhere Anschaffungskosten. Durch die breite Beteiligung kann das Projekt als beispielhaft angesehen werden.

Tierärztliche Versorgung in Gefahr

Für den Präsidenten der Österreichischen Tierärztekammer, Mag. Kurt Frühwirth, wird die Produktion von hochwertigen tierischen Lebensmitteln auch in Zukunft nur durch eine intensive Zusammenarbeit von Landwirten und Veterinären möglich sein. Die Aufrechterhaltung der flächendeckenden tierärztlichen Versorgung wird immer schwieriger. Wie bei den landwirtschaftlichen Produkten stimmt das Verhältnis von Preis und Leistung nicht mehr. Außerdem sind die amtlichen Kontrolltätigkeiten der Tierärzte in den letzten Jahren reduziert worden.

Lebhafte Diskussionen

Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre stand beim diesjährigen Fachtag Schweinehaltung mehr Zeit für Diskussionen zur Verfügung. Neben den schon erwähnten Referenten standen weitere Experten für Podiumsdiskussionen zur Verfügung, aber auch das Publikum wurde einbezogen. Dabei wurde klar, dass für eine optimale Vermarktung der Schweine Exporte notwendig sind. Alternative Haltungsformen (Strohschwein) sorgen für höhere Erlöse, können aber nicht die Eigenversorgung für ganz Österreich sichern. Neue Umwelt- und Tierschutzvorschriften sollten die Landwirte nicht überfordern, da sonst die Produktion in Länder mit niedrigeren Standards abwandert.

Pausackerl, 21.02.2017

Weiterführende Informationen:
Ökosoziales Forum