23. Wintertagung, Grünland- und Viehwirtschaft

13.02.2017 Gut besucht und bestens organisiert durch die HBLFA Raumberg Gumpenstein fand am 2. und 3. Februar 2017 die Fachtagung der Grünland- und Viehwirtschaft in Aigen im Ennstal statt

Das Thema lautete „Unser Essen, Unsere Regionen, Wer wird uns morgen versorgen“

Folgend ein paar Auszüge der Themenschwerpunkte!

Entwicklungen auf dem Milchmarkt

Die weltweite Nachfrage nach Milchprodukten hat aufgrund einer steigenden Weltbevölkerung und eines steigenden pro Kopf Verbrauches, insbesondere in weniger entwickelten Volkswirtschaften, stetig um durchschnittlich ca. 2,5 % ab 2005 zugenommen. Dies führte zu einem gewissen Aufwärtstrend der Preise für Milchprodukte am Weltmarkt. Beides gemeinsam bewirkte, dass seit 2007 die Weltmarktpreise für Milchprodukte meist oberhalb der EU Interventionspreise liegen und dadurch die Preise in der EU sehr stark durch den Weltmarkt beeinflusst werden. Als Ergebnis dieser Entwicklungen beobachten wir zwar einen im Trend gestiegenen Milchpreis, dessen Volatilität aber extrem zugenommen hat.
 
Der Weltmarkt bietet aber auch Absatzchancen. Bereits heute beträgt der Selbstversorgungsgrad der EU mit Milch rund 114 %. Dies bedeutet, dass rund 14 % mehr produziert wird als innerhalb der EU abgesetzt werden kann. Auch die österreichische Milchwirtschaft ist von Exportmöglichkeiten abhängig.
 
Die Preise für Milchprodukte werden auch weiterhin durch eine hohe Volatilität gekennzeichnet sein. Zeiten mit relativ hohen Preisen und guten Gewinnmöglichkeiten für produktive Betriebe werden Zeiten mit negativem Betriebsergebnis gegenüberstehen. Dies verlangt ein Umdenken der landwirtschaftlichen Produzenten und der Politik in Richtung Risikoabsicherungen.

Was braucht es in Österreich, um den Milchbereich wieder flott zu bekommen?

Österreich ist voll eingebunden in den EU-Markt, 50 % aller Milch- und Käseprodukte werden im Ausland abgesetzt, 30 % werden importiert, für die österreichische Milchwirtschaft ist es daher wichtig, dass sich die gesamte EU und weltweite Milchwirtschaft positiv entwickelt, wir sind ein Teil davon. Trotzdem haben wir Handlungsmöglichkeiten, die wir nützen aber auch umsetzen müssen!
 
Eine erste Analyse der letzten Milchkrise zeigt auch, dass es der österreichischen Milchwirtschaft trotz Preisrückgängen gelungen ist, vergleichsweise besser durch die Krise zu kommen, dies vor allem aufgrund der heimischen Qualitätsstrategie und der hervorragenden Milchprodukte. Diskutiert man mit Experten der Milchwirtschaft, so ist klar, dass diese Milchkrise nicht die letzte gewesen sein wird, es gilt daher den Sektor darauf vorzubereiten, die gesamte Milchwirtschaft robuster zu gestalten, Maßnahmen zu entwickeln, welche die Volatilität etwas mildern, Produkte und Märkte zu entwickeln, die einen Mehrwert absichern können und konsequent an der österreichischen Qualitätsstrategie weiter zu arbeiten und diese auszubauen. Insgesamt wird es also notwendig sein, gerade am heimischen Markt dafür zu sorgen, dass die gesamte Lebensmittelkette – Bauern, Verarbeiter, Handel, Gastronomie und Konsument – diese Qualitätsstrategie mittragen, sodass unsere Produkte mit den hohen Qualitäten auch bis zu den Konsumenten kommen. Weiters brauchen wir dazu natürlich auch entsprechende politische und rechtliche Rahmen, um uns in diese Richtung weiterentwickeln zu können.
 
Wie steht die Interessensvertretung zur Konsumentenschaft?

Früher ging es um klar artikulierbare Bedürfnisse und der Kunde forderte die Befriedigung dieser Bedürfnisse. Umgelegt auf landwirtschaftliche Produkte war das Wichtigste, den Hunger zu stillen. Technischer Fortschritt in der Zucht und der Produktion von Futter war neben der Verteilung der Lebensmittel in der Bevölkerung das Um und Auf sowohl in der Beratung und Forschung als auch in der Agrarpolitik. Den Übergang vom System der Bedürfnisse zur Wunschökonomie kann man so schematisieren: Erst sucht der Kunde Waren und der Markt informiert. Dann sucht die Ware Kunden – und der Markt verführt. Ab dem Zeitpunkt der Überschüsse, vor allem in den Segmenten Milch und Fleisch sowie Getreide, wurde der Wettbewerb zwischen den Verarbeitern spürbar und Marketingexperten betraten neben Marktordnungsspezialisten die Bühne. Heute wird der Kunde von Metapräferenzen bestimmt und fordert: „Verändere mich!“ Die Marke wird hier zum Medium der Transformation des Kunden.
 
Wo gibt es Probleme?
 

  • Herkunftskennzeichnung
Österreichische Auflagen werden in Österreich eingehalten und verursachen in Österreich Kosten, nicht aber bei importierter Ware. Der Konsument kann das nicht immer erkennen.
 
  • Eigenmarken

Österreichische, gut und teuer produzierte Waren können jederzeit ausgetauscht werden, sind daher preislich unter Druck und können dem Wettbewerb nicht standhalten.

  • Wettbewerbsrecht
Unterschiedliche, kostenrelevante Auflagen werden nicht als wettbewerbsverzerrend berücksichtigt. Eine entsprechende Kennzeichnungspflicht als Information für den Konsumenten fehlt.

 
Positive Entwicklungen gibt es derzeit im Konsumentenbewusstsein und bei der Auszeichnung bestimmter Produkte in öffentlichen Kantinen. Auch haben viele Gastronomen bemerkt, dass eine Speisekarte mit genauen Herkunftskriterien, von den Kunden als Güteausweis angesehen wird.
 
Der Weg der Rinderzucht Austria

Die Rinderwirtschaft ist nach wie vor der bedeutendste Produktionszweig innerhalb der österreichischen Landwirtschaft. Rund 61.000 bäuerliche Betriebe halten etwa 1.945.000 Rinder. Die Situation für unsere heimischen Milchbauern ist zurzeit leider stark angespannt. Zu einer kurzfristigen Entspannung sorgte im Frühjahr 2016 die Intervention der europäischen Agrarpolitik. Angebot und Nachfrage werden aber weiterhin den Markt regeln. Von den 534.000 Milchkühen in Österreich stehen fast 80 % unter Leistungskontrolle, was ein klares Zeichen für die zunehmende Professionalisierung der Milchproduktion in Österreich darstellt. Es ist wichtig, dass unsere Branche produktionsorientiert und in bäuerlicher Hand bleibt. So ist es mehr denn je wichtig, dass alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette an einem Strang ziehen. Mit diesen vereinten Kräften muss es uns gelingen, eine Abfederung des Preisverfalls zustande zu bringen. Für die bäuerlichen Familieneinkommen ist der Zuchtviehexport zur Erwirtschaftung zusätzlicher Einkommen äußerst wichtig.
 
Aufgrund der strukturellen topographischen Nachteile ist eine Vermarktung nur über die Qualitätsschiene möglich. Im Jahr 2015 wurden fast 26.700 Zuchtrinder in 30 Länder exportiert. Der österreichische Zuchtrindermarkt ist seit Jahren sehr stark in Drittländern orientiert. Die Türkei ist dabei der stärkste Abnehmer. Die veterinären Herausforderungen betreffend Blauzungenkrankheit und Schmallenbergvirus sind jedoch sehr groß und die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Zuchtrinderexport können sich rasch in Luft auflösen. Dazu kommt noch die politisch angespannte Lage zwischen der Türkei und Europa. Deshalb lautet die Strategie der RINDERZUCHT AUSTRIA, auf möglichst viele Länder zu setzen, um im Krisenfall breit aufgestellt zu sein. So war die ZAR-Spitze in zahlreichen Exportländern unterwegs, um die Türe für österreichische Zuchtrinder zu öffnen. Potential hierfür wird vor allem im Iran sowie in Russland, Aserbaidschan, Algerien und Ägypten gesehen.
 
Die Herausforderungen für die heimische kleinstrukturierte Landwirtschaft sind groß: Globalisierung, liberalisierte Märkte, Strukturwandel, gesellschaftliche Veränderung und Landflucht schreiten unaufhaltsam voran. Hier ist es mehr denn je wichtig, dass die Tierzucht- und Vermarktungsorganisationen Lösungen und effiziente Hilfestellungen anbieten.
 
Weitere Interessante Beiträge der Wintertagung zum Thema Grünland – und Viehwirtschaft finden Sie unter:

www.raumberg-gumpenstein.at/cm4/de/forschung/publikationen/downloadsveranstaltungen/viewcategory/3186-wintertagung-2017.html