Daten und Fakten zum Weizenmarkt

07.12.2021 Die Weizenpreise am heimischen Kassamarkt liegen seit Wochen auf einem Langzeithoch und weisen weiterhin kräftige Preissprünge auf. Die internationale Versorgungsbilanz wird enger; Österreich weist einen Nettoimportbedarf von 567.000 t Weizen auf.

Die Weizenpreise am heimischen Kassamarkt liegen seit Wochen auf einem Langzeithoch und weisen weiterhin kräftige Preissprünge auf:
Premiumweizen an der Wiener Produktenbörse wird aktuell (KW 48) mit 401,25 EUR/t gehandelt, wodurch sich jener Preis zum Vorjahr verdoppelte (+108%). Qualitätsweizen notiert mit 380 EUR/t und konnte sich somit zum Vorjahreszeitpunkt um 105% verteuern. Mahlweizen kostet mit 323,50 EUR/t um 75% mehr als vor einem Jahr.

Weltmarkt

Gründe für die Anstiege sind v.a. auf den Weltmärkten zu finden. Die stetig nach unten korrigierte Weizenernte im Wechselspiel mit dem stetig erhöhten Verbrauch schürt die Sorge um globale Versorgungsengpässe. Der aktuelle WASDE-Bericht des USDA (US-Landwirtschaftsministerium) erwartet eine geringere Produktion von nur mehr 775,3 Mio. t, während der Verbrauch und die weltweite Exporttätigkeit erhöht wurden. Demnach sinken die globalen Endvorräte auf 275,8 Mio. t auf den niedrigsten Stand seit 2016. Das Verhältnis aus Lagerbeständen am Verbrauch („stock-to-use“) ist mit 35% sogar auf einem 7-Jahrestief.

Im Hintergrund der immer knapper werdenden Weizenbilanz und einem coronabedingt höheren Wunsch nach Versorgungssicherheit decken sich die traditionellen Weizenimportländer Nordafrikas und des Nahen Ostens vermehrt mit Weizen ein. Neben der knapper werdenden Weizenbilanz wirken weitere Erhöhungen der Ausfuhrsteuer Russlands auf Weizenexporte (letzte Erhöhung am 12.11.2021) sowie Gerüchte über die Wiedereinführung von Exportquoten preisstützend.

EU-27 Markt

Die EU-27-Weizenernte liegt gemäß Schätzungen von Strategie grains (ein agrarökonomisches Fachmagazin) mit 128,9 Mio. t deutlich über dem Vorjahr (119,0 Mio. t). Der Verbrauch liegt traditionellerweise weit unter der Erntemenge. Für heuer wird er mit 109,0 Mio. t geschätzt. Es werden aktuell 25,4 Mio. t Exporte und 2,7 Mio. t Importe erwartet. Grund für die Produktionszuwächse ist eine deutlich erhöhte Erntemenge in Frankreich und Rumänien, während Deutschland und Polen geringfügig weniger Weizen ernten. Jedoch sank gemäß Schätzungen von Strategie grains im Hauptproduktionsland Frankreich der Mahlweizenanteil an der Gesamtweizenernte von 89% in 2020/2021 auf 62% in 2021/2022. Europaweit war der Rückgang schwächer:

  • Mahlweizenanteil 2020/2021: 73%
  • Mahlweizenanteil 2021/2022: 62%.

Diese Entwicklung erklärt die deutlich höhere Nachfrage nach österreichischem Aufmischweizen (Premium- und Qualitätsweizen) für schwache Partien aus dem Ausland.

Österreich

Die heimische Weichweizenernte (inkl. Dinkel) liegt 2021 mit 1.419.000t um -10,9% unter dem Vorjahr (1.592.000 t) und um -7,2% unter dem Mittel der Jahre 2016-2020. Für den Rückgang ist die Flächenreduktion (durch zu nasse Bedingungen im Herbstanbau 2020) um 3% und die Reduktion der Hektarerträge um 10% zum Vorjahr verantwortlich. 

Abzüglich eines Hofverbrauches (Fütterung, menschlicher Konsum, Direktvertrieb, Saatgut) von 440.000 t Weichweizen (inkl. Dinkel) stehen somit 940.000 t inklusive der Anfangslagerbestände (per 30. Juni 2021) aus dem abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2020/2021 von 261.000 t für den heimischen Markt und Exporte zur Verfügung. Am heimischen Markt werden 2021/2022 voraussichtlich

  • 530.000 t für die menschliche Ernährung (Vermahlung in den Mühlen abzüglich Exportvermahlung von 110.000 t),
  • 400.000 t für die Herstellung von Weizenstärke,
  • 385.000 t für die Bioethanolherstellung sowie
  • 180.000 t für die Fütterung (Mischfutterverarbeitung inklusivem Futtergetreideverkauf aus der Marktleistung) sowie
  • 16.000 t für Saatgut verbraucht.

Zu den Verbrauchszahlen muss gesagt werden, dass jene auf Basis der endgültigen Zahlen der AMA-Getreidemeldung für 2020/2021 geschätzt sind. Es könnte angesichts der derzeitigen Marktlage für Weizen eine Verschiebung im Bereich Fütterung sowie Bioethanol hinsichtlich weniger Weizen- und mehr Maiseinsatzes geben. Insgesamt steht somit die Weizenmarktleitung von 940.000 t einem Verbrauch am heimischen Markt von 1.511.000 t gegenüber, wodurch sich ein Nettoimportbedarf von 567.000 t ergibt. (Anmerkung: Bei dieser Gegenüberstellung ist eine Verringerung der Endlagerbestände nicht miteingerechnet, da dies üblicherweise nur im geringen Ausmaß geschieht, da ein gewisses Überlager in der heimischen Verarbeitungsindustrie benötigt wird.) 

Der Nettoimportbedarf für Weizen ist somit um 168.000 t höher als im Vorjahr. Der Verbrauch war im Vorjahr am Markt gleich, wenngleich für 2021/2022 mit weniger Fütterung und etwas mehr Vermahlung gerechnet wird. Geht man ein paar Jahre zurück so war dieser Saldo neutral bis positiv. Beispielsweise gab es 2014/2015 einen Bilanzüberschuss von 112.000 t am heimischen Weizenmarkt.

Neben der Diskussion der Getreidebilanz kann auch der Lagerbestand aller österreichischen Getreidehändler sowie Verarbeiter eine Information über die Versorgungslage liefern:

Es liegen österreichweit in den genannten Unternehmen per Ende Oktober 574.454 t konventioneller Weichweizen, 126.980 t Bio-Weichweizen, 16.257 t konventioneller Dinkel sowie 23.124 t Bio-Dinkel auf Lager. Vor einem Jahr betrug das Lager an konventionellem Weichweizen 725.286 t.

Somit sind die aktuellen Läger um 150.832 t bzw. 21 % geringer als im Vorjahr. Bio-Weichweizen liegt aktuell um 2.987 t mehr auf Lager, konventioneller Dinkel liegt um 6.886 t mehr auf Lager und Bio-Dinkel liegt um 6.859 t mehr auf Lager.

07.12.2021, DI Herz

Detaillierter Überblick: