Gemeinsam is(s)t man besser - Wintertagung 2021, Fachtag Geflügelhaltung

02.02.2021 Die Herausforderungen und Chancen der Coronakrise standen im Zentrum der Referate und wurden entlang der Wertschöpfungskette dargestellt.

Die Krise ist da – wo sind die Herausforderungen und die Chancen für ...
... die Lege- und Mastbetriebe?

(Franz Karlhuber, Obmann ZAG)

Die Versorgungsicherheit war während der Covid-19-Pandemie gegeben. Bei Eiern betrug die Selbstversorgung während der Krise rund 90 %. Marktverwerfungen gab es jedoch bei Bodenhaltungseiern durch den weggebrochenen Absatz im Außer-Haus-Verzehr. Laut Karlhuber macht der Anteil österreichischer Eier in der Gastronomie rund 80 % aus, was die Überhänge bei Bodenhaltungseiern erklärt. Chancen sieht der Obmann der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft im Absatz von Bio- und Freilandeiern. Hier stieg die Nachfrage besonders während der Coronakrise. Laut Karlhuber beträgt der Anteil von Geflügel österreichischer Herkunft in der Gastronomie weniger als 10 %. Bei einem Selbstversorgungsgrad von ca. 80 % bei Masthühnern und rund 40 % bei Pute ist die Selbstversorgung in Österreich ausbaufähig. Als Chancen bewertet Karlhuber die Umsetzung der Geflügelcharta und ein Bekenntnis der Handelspartner des LEH zu österreichischer Ware. Herkunft, Frische und Tierwohl waren relevante Einkaufskriterien während des Lockdowns. Aus Sicht der Landwirtschaft wäre eine Herkunftskennzeichnung im gesamten Außer-Haus-Verzehr wünschenswert. 

Die Krise ist da – wo sind die Herausforderungen und die Chancen für ...
... den vorgelagerten Bereich – vom Futter bis zur Medizin?

(Adolf Marksteiner, Leiter der Abteilung Marktpolitik der Landwirtschaftskammer Österreich)

Marksteiner berichtet, dass die österreichische Geflügelwirtschaft den Tierarzneimittel- und Antibiotikaeinsatz durch Impfungen in den letzten 10 Jahren um 53 % reduzieren konnte. Die Geflügelwirtschaft steht im Bereich Eier und Mast auf einer sehr effizienten Produktionsstufe und ist international wettbewerbsfähig. Bezüglich der Verwertbarkeit des Futtermitteleinsatzes weist die Eier- und Geflügelproduktion mit 19 % bzw. 13 % eine hohe Energieeffizienz auf. Das Thema Kükentöten bzw. Bruteibestimmung wurde in diesem Zusammenhang angesprochen. Die Aufzucht von Junghähnen benötigt die dreifache Menge an Futter und Energie pro kg Fleisch. Eine nachhaltige Produktion und Ressourceneffizienz sind die Kernthemen der Farm to Fork Strategie und des Europäischen Green Deals. Neben der landwirtschaftlichen Produktion haben die Verluste in der Wertschöpfungskette einen Anteil an der Ressourceneffizienz – Stichwort Lebensmittelverschwendung.

Die Krise ist da – wo sind die Herausforderungen und die Chancen für ...
... den Handel?

(Andreas Steidl, Geschäftsführer von Ja! Natürlich)

Laut Steidl konnte der Lebensmitteleinzelhandel von der Coronakrise profitieren. In den ersten elf Monaten 2020 gab es bei den Eierverkäufen ein Mengenplus von 11,2 %. In den Monaten Mai/Juni betrug der Zuwachs 20 %. Vor allem die Nachfrage nach Freilandeiern stieg während der Coronakrise. Geflügel profitierte innerhalb des Fleischsektors besonders stark während der Lockdowns. Im April stiegen die Verkäufe um 24 %, im Mai sogar um 27 %. Das Angebot konnte durch den schnellen Produktionszyklus sehr gut an die erhöhte Nachfrage angepasst werden. Herausforderungen für den Handel waren logistische Engpässe, Grenzschließungen sowie Arbeitskräftemangel in Schlachthäusern, Verarbeitungs- und Verpackungsbetrieben sowie bei Frächtern. Insbesondere führten Personalausfälle bei stark automatisierten Betrieben zu Störungen in der Versorgungskette.

Die Krise ist da – wo sind die Herausforderungen und die Chancen für ...
... die Direktvermarktung – vom Hühnerei bis zum Hühnerfleisch? 

Hans-Peter Schlegl, Legehennenhalter und Daniela Posch, Landwirtin mit Geflügelmast, schilderten ihre Erfahrungen in der Direktvermarktung während der Coronakrise. Schlegl berichtete, dass der Vertrieb an die Gastronomie um 25 % einbrach, ein Ausgleich aber über den Ab-Hof-Verkauf gegeben war. Die Nachfrage nach Bodenhaltungseiern stagnierte, Eier aus Freilandhaltung wurden verstärkt nachgefragt. Herausforderungen sieht Schlegl in der Konzentration auf mehr Tierwohl und Transparenz sowie in der Erweiterung des Sortiments auf Convenience-Produkte.

Auch auf dem Geflügelbetrieb von Landwirtin Posch entwickelte sich die Direktvermarktung während der Krise positiv. Vor allem die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln ist enorm gestiegen – eine Chance, die der Betrieb weiterhin ausbauen möchte. Als Herausforderung sieht Posch die Vermarktung und Organisation. Das Potenzial der Hofläden kann durch Zusammenarbeit und die Gründung von Genossenschaften besser genutzt werden. 

Ökosoziales Forum – Wintertagungs-Mediathek: https://oekosozial.at/unsere-themen/landwirtschaft/wintertagung-2021-2/wintertagungs-mediathek/

DI Reiterer, 02.02.2021